Sein und Haben: Windows Vista

Es ist eine seltsame Allianz: Seit Monaten heizen die Computerzeitschriften mit Titelstorys die Wartezeit auf das neue Windows Vista an – oder sie verraten, wie aktuell das PC-Magazin, wie man die Microsoft-Aktivierung mit gaaaanz geheimen Tricks knacken würde, wenn man ein böser Mensch wäre. So tief kann man sinken, wenn die Auflagen sinken. Der Computerpresse geht es ja gar nicht gut. Ob sich der Umstieg auf Vista wirklich lohnt, das steht auf einem anderen Blatt.

Die Fachzeitschrift c’t, die in einem Editorial ironisch Microsoft „im Namen aller Kollegen“ für die neue Software („Fünf Jahre lang musste sich die Computerpresse für jede Ausgabe neue Tipps und Tricks zu Windows XP aus den Fingern saugen.“) dankte, hat selbst bei ihren technophilen Lesern per Umfrage eine recht geringe Bereitschaft zum Windows-Systemwechsel ausgemacht: Nur 6,6 Prozent derjenigen, die einen PC neu kauften, planten demnach, Vista nutzen zu wollen.

Geht es um die Neuerungen von Vista, werden vor allem zwei Dinge genannt: Die neue Benutzer-Oberfläche im Aera-Glass-Design und die verbesserten Sicherheitsfeatures. Kritiker bemängeln zurecht, das sei nicht besonders originell: Microsoft holt nur nach, was andere schon gemacht haben. Es gibt aber auch originäre Features: Vista bringt eine Spracherkennung mit und unterstützt „serienmäßig“ Tablet-PCs.

Endlich arbeitet ein Windows-Nutzer nicht mehr wie selbstverständlich als Administrator, sondern muss sich die entsprechenden Rechte bei Bedarf per Passwort verschaffen. Nochmal: Für Mac-Kunden und Linux-Nutzer bedeutet das nichts Neues. Dummerweise ist Windows aber das meistverbreitete Betriebssystem; die Mehrzahl der XP-Nutzer kennt weder eingeschränkte Benutzerkonten noch den Befehl runas, eine Art sudo für Windows. Wenigstens einen Grund für den Umstieg gibt es also: Sobald sich Vista verbreitet, wird es weniger Virenschleudern im Netz geben. Lang genug hat’s gedauert.

Die neue Aero-Oberfläche mit transparenten Rahmen ist dagegen eye candy. Zu viele S�ssigkeiten sind allerdings ungesund; der PC muss schon stark genug für die ressorcenfressende Grafik sein. Mein Notebook – technisch etwa auf dem Stand von vor zwei Jahren – ist es nicht, obwohl es sonst ganz wunderbar arbeitet. Seltsam, nicht wahr? Also müsste wohl ein neuer Computer her – das ist jedenfalls die Reaktion, auf die man in der Industrie hofft. Sorry, da bin ich leider nicht dabei.

Wer jetzt einen neuen PC mit gebündeltem Windows kauft, macht sicher nichts falsch, wenn er/sie darauf achtet, dass Vista schon beiliegt und wenn keine Treiberprobleme zu erwarten sind. Zumindest ein vorinstallierter Vista-PC sollte problemlos rennen. Ansonsten – ha, ha – ist das erste Service-Pack ja auch schon in Sicht.

Zwar steht die neue Software noch nicht in den Läden (mit Ausnahme der OEM/Systembuilder-Version – siehe weiter unten). Die ersten Computer-Systeme mit vorinstalliertem Vista tauchen aber schon im Handel auf und sind in Online-Shops gelistet.

Wer in jüngerer Zeit einen Computer mit Windows XP angeschafft oder selbigen zu Weihnachten geschenkt bekommen hat, bekommt zudem die Chance zum Express Upgrade. Der Umstieg von XP Professional zu Vista Business ist sogar – bis auf Versandgebühren – kostenlos.

Noch relativ günstig kommt man auch von der Media Center Edition zu Vista Home Premium. Nur für XP-Home-User lohnt sich das Express Update wegen der Kosten kaum. Wer eine OEM-Version besitzt (also ein vom Hersteller vorinstalliertes Windows), findet die Details und genauen Kosten auf den jeweiligen Herstellerseiten.

Die Abwicklung erfolgt elektronisch: Benötigt wird die Seriennummer des eigenen Computers sowie der COA-Code vom Windows-Lizenzaufkleber. Am Ende der erfolgreichen Online-Bestellung steht die Aufforderung, eine Kopie der Kaufrechnung per Brief oder Fax einzusenden. Das Kaufdatum muss zwischen dem 26. Oktober 2006 und dem 15. März 2007 liegen.

In Deutschland ist Vista in zwei verschiedenen Ausstattungs-Varianten für zu Hause (Home Basic, Home Premium), einer Variante für Büroanwender (Vista Business) sowie als Vista Ultimate erhältlich. Nur die teure Ultimate Edition enthält alle Features. Bei der billigen Home Basic ist dagegen die viel gehypte Aero-Oberfläche gar nicht erst dabei.

Während Microsoft Deutschland die Preise für Vista immer noch nicht offiziell genannt hat, listen Online-Shops bereits die zu erwartenden Kosten. Schon auf dem Markt ist eine sogenannte Systembuilder-Version (gab’s auch schon für das „alte“ Windows). Sie wird im Gegensatz zum normalen Paket nicht supportet und besteht nur aus der nackten Scheibe samt Seriennummer. Bei Online-Händlern ist die Ultimate-Edition in der Systembuilder-Version zum Zeitpunkt, da dieser Blog-Beitrag verfasst wird, ab etwa 160 Euro zu haben. Zum Vergleich: Schon die Simpel-Version Home Basic soll im normalen Paket 119 (Upgrade) bzw. 229 Euro kosten.

Für Early Adopter, die keinen neuen Computer kaufen wollen, ist eine solche Systembuilder-Version die preisgünstige Möglichkeit, um an das komplette Vista zu kommen. Aber auch mit dem Vorläufer kann man noch lange klarkommen. Bis April 2009 muss Microsoft das alte XP noch voll unterstützen und weitere fünf Jahre, bis 2014, mit kritischen Updates versorgen. Diese Halbwertzeit gilt einer Mitteilung des Herstellers zufolge nun auch für XP Home.

Ein Sein, ohne Vista zu haben, ist also möglich, auch wenn uns PC-Industrie und Computerpresse gerne das Gegenteil weismachen wollen.

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