Schön, aber kein Grund zum Upgrade: Das neue Debian ist da

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Heiliger Valentin! Das Debian-Projekt hat es tatsächlich geschafft und am 14. Februar nach fast 22 Monaten eine neue, stabile Version von Debian/GNU-Linux herausgebracht. Wir wären nun also glücklich angelangt bei Debian 5.0, Codename Lenny. Damit ist gleichzeitig eine neue Testing-Version namens Squeeze geboren, die irgendwann mal selbst zu einer stabilen Version werden wird. So will es das debianische Geschick.

Wer Debian als Server-Betriebsystem benutzt, wird sich aber auch dafür interessieren, was aus der bisherigen stabilen Version namens Etch wird. Auch hier geht alles seinen geregelten Gang. Etch fungiert jetzt als old stable, erhielt ebenfalls am 14. Februar ein Update auf Version 4.0r7 und wird Debian-Typisch noch mindestens ein Jahr lang mit Sicherheits-Updates versorgt.

Aus diesem Grund werde ich laufende Server vorerst nicht upgraden, obwohl das bei Debian auf dem Papier selbst im laufenden Betrieb recht einfach geht:

  1. Die Datei /etc/apt/sources.list als Root im Editor des Vertrauens öffnen und alle Vorkommnissevon „Etch“ durch „Lenny“ ersetzen. Wenn in der Paketdatei nur neutrale Referenzen auf „stable“ stehen, braucht nichts verändert zu werden.
  2. apt-get update && apt-get dist-upgrade

Nach früheren Erfahrungen kann ich sagen: Das Upgrade sollte – ich wiederhole: SOLLTE – problemlos durchlaufen, zumal auf einem Webserver idealerweise nur die wirklich notwendigen Dienste installiert sind, was mögliche Probleme reduziert. Wild Entschlossene sollten sich zuvor auf jeden Fall die Release Notes (speziell Kapitel 4ff) zu Gemüte führen und diese praktische Gegenüberstellung für Sysadmins in Augenschein nehmen.

Vor dem Upgrade sollte man unbedingt prüfen, ob eine Netzwerkkarte verbaut ist, deren Treiber eine eigene Firmware lädt – sonst könnte der Server nachher nicht mehr per Netzwerk erreichbar sein. Der Grund: Im Lenny-Release haben die Debianer nach kontroverser Diskussion darauf verzichtet, fremde Firmware aufzunehmen, deren Quellen nicht offenliegen. Das Nachladen von Firmware fällt allerdings äußerst schwer, wenn der Server nicht mehr übers Netz erreichbar ist, aber bei einem Dienstleister steht, zu dessen Rechenzentrum man selbst keinen Zutritt hat …

Für mich gibt es (anders als beim Erscheinen von Etch mit u.a. dem Sprung auf PHP 5 und MySQL 5) jedenfalls keinen dringenden Grund zum Upgraden. Bei PHP sind wir weiterhin in der Version 5.2, von 5.3 findet sich auch in Experimental noch keine Spur, was wohl seine Gründe haben wird. MySQL ist nach wie vor in der Version 5.0 enthalten; der Versionssprung auf 5.1 soll nach dem Freeze dann zunächst mal in Sid erfolgen.

Bei einem Desktop-Linux stellt sich das natürlich anders dar. Da möchte man schon gerne schnell von Software-Aktualisierungen und Kernel-Neuerungen profitieren. Wie der offizielle Wiki-Artikel New in Lenny zeigt, macht die neue Version durchaus einen Zeitsprung nach vorn; doch schon jetzt ist absehbar, dass die langen Veröffentlichungs-Zyklen der stabilen Debian-Distributionen bei aller Zuverlässigkeit, die sie mit sich bringen, bald auch ein Gefühl der Ungeduld erzeugen werden: Wäre doch schon, wenn man eine neue Open-Office-Version nutzen, die verbesserte Hardware-Unterstützung eines aktuellen Kernels (Stable ist jetzt erst bei 2.26.6 angelangt) verwenden oder als KDE-User mal den frischen 4er-Desktop installieren könnte.

Zu dumm, dass das in letzter Zeit nicht ohne Weiteres ging, selbst dann nicht, wenn man sich mutig Debian Unstable alias Sid installiert hatte und somit auf der „bleeding edge“ des Betriebsystems balancierte. Denn wegen des Updates verharrte Debian – selbst die wegen ihrer ungehobelten Neuheit von den Projektmachern als instabil eingestufte Version – schon seit 28. Juli 2008 in einem sogenannten „Feature freeze“ (damals war das Upgrade noch für September 2008 geplant).

Ich geb’s ja zu: Ich habe schon im letzten Dezember die Geduld verloren und auf meinem Notebook das sympathisch-engagierte Sidux mit XFCE-Desktop (einen gut betreuten Abkömmling von Debian Sid) wieder durch Ubuntu (auuuuuu, da schreien die Puristen auf) ersetzt, das mein HP-Notebook 2710p inklusive Funktionstasten ohne irgendwelches Gefrickel einfach mal so unterstützt.

Fazit: Das neue Debian ist wirklich am Valentinstag erschienen, aber upgraden werde ich meine Server erst Mal nicht. Trotzdem möchte ich den Debian-Leuten einen symbolischen Blumenstrauß überreichen: Ohne ihre sorgfältige Veröffentlichungs-Politik wäre Debian nicht das Server-Betriebssystem meines Vertrauens. Und als Ubuntu-Desktop-User weiß ich um den Debian-Unterbau, ohne den es dieses Ubuntu gar nicht geben würde. Danke!

3 comments on “Schön, aber kein Grund zum Upgrade: Das neue Debian ist da”

  1. Danke für diese kleine Einführung.
    Ich selbst bin auch noch schwankend.
    Da ich eher fortgeschrittener Amatuer bin, möchte ich mir mein stabiles Etch auch nicht durch ein unnötiges Upgrade vermurksen.
    Ich denke, es wird für mich erst akut, wenn MySQL 5.1 stabil und nicht mehr experimentell ist.
    Juergen

  2. Was soll ich sagen – mein Haupt-Server läuft immer noch auf Etch, allerdings ist der Vertrag zu Anfang Oktober gekündigt. Den Wechsel zu einem neuen Server werde ich dann nutzen, um Lenny aufzuspielen – inzwischen haben ja auch alle ordentlichen Server-Provider Lenny-Images im Angebot.

    Auf einem kurz nach der Lenny-Veröffentlichung angemieteten VServer habe ich das Upgrade allerdings doch durchgeführt, weil zu diesem Zeitpunkt nur Etch-Images verfügbar waren. Probleme gab es keine. Allerdings ist ein VServer eben nur ein VServer mit virtualisierter Hardware. Mit einem echten Server KÖNNTE es mehr Probleme geben.

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