Alle Jahre wieder bekommen Blogger und Online-Publizisten, die einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort geschlossen haben, elektronische Post von T.O.M. (Akronym für „Texte online melden“). Ungeachtet der aktuellen Turbulenzen um die Verwertungsgesellschaft wird es Zeit, auf Webseiten, als PDF oder ePub publizierte Werke mit urheberrechtlicher Schöpfungshöhe geltend zu machen – sofern sie denn innerhalb eines Kalenderjahres die nötige Abrufzahl erreicht haben. Wer eine positive Mail bekommt, darf sich sicher sein, dass zumindest ein eigener Text im vergangenen Jahr den „Mindestzugriff“ bzw. den „anteiligen Mindestzugriff“ erreicht hat. Das lohnt sich durchaus, denn im Vergleich zum Vorjahr werden die ausgeschütteten Mittel praktisch verdoppelt.
Hauptgrund für den warmen Geldregen: Die nach mehrjährigem Rechtsstreit mit der Geräteindustrie erzielten Vergütungen für Drucker schlagen erstmals auf die Einnahmen der VG Wort durch – und kommen vor allem dem Bereich „Texte im Internet“, kurz METIS, zu Gute. „Wir steigern die Ausschüttung von im letzten Jahr sieben oder acht Millionen auf jetzt ungefähr 16 Millionen Euro“, kündigte Rainer Just, einer von zwei Geschäftsführern der Vewertungsgesellschaft, auf der Versammlung der Wahrnehmungsberechtigten in Berlin an. So kann die VG Wort diesmal pro Text 20 Euro auszahlen. Im Vorjahr waren es nur 12 Euro. Das funktioniert, obgleich die Zahl derer, die ein Stück vom Online-Kuchen wollen, Jahr für Jahr steigt.
Bedingung ist allerdings, dass ein solches Text-Werk eine Länge von mehr als 1.800 Zeichen hat und im Jahr 2015 mindestens 1.500 Mal abgerufen wurde. Beim „anteiligen Mindestzugriff“ ist letztere Hürde nicht ganz so hoch; dafür muss der Text aber 10.000 Zeichen lang sein. Übrigens können Dichter der VG Wort auch Lyrik – ganz ohne Mindestlänge – melden. Für besonders erfolgreiche Blogger und Online-Publizisten sind die Auszahlungen der VG Wort aber gedeckelt; die Maximalsumme beträgt 960 Euro.
Für die Messung der Zugriffe verwendet die VG Wort sogenannte Zählpixel. Das ist eine minimale Bilddatei, die vom Server der VG Wort abgerufen wird. Auch dieser Text ist mit solch einem individualisierten Zählpixel versehen. Wer diese Web-Seite aufruft, um den Text zu lesen, ruft auch das (unsichtbare) Zählpixel ab, so dass die VG Wort den Zugriff erfassen und zuordnen kann – was übrigens Datenschutz-konform geschieht.
Ist es einer Autorin nicht möglich, ein Zählpixel einzubauen (weil der Text etwa auf der Website eines Verlages erscheint, der nicht bei METIS teilnimmt), so bleibt ihr nur noch die Sonderausschüttung. Diese wird sich allerdings gegenüber dem Vorjahr nicht erhöhen; es bleibt bei einem gestaffelten Betrag ab zehn Euro.
In jedem Fall fließt das Geld nicht automatisch. Zuerst müssen die Texte im Portal von T.O.M. gemeldet werden: Nach dem Login klickt man auf METIS, dann auf „Suche in eigenen Zählmarken“. Um alle noch nicht gemeldeten und für eine Ausschüttung in Frage kommenden Texte/Zählmarken zu finden, füllt man die Suchmaske wie im Bild oben aus:
- Meldung erfolgt: „nein“
- Zählerstart erfolgt: „ja“
- Mindestzugriff: „anteilig“ und „erreicht“
Nach einem Klick auf „Zählmarken suchen“ listet T.O.M. alle in Frage kommenden Texte auf. Der öffentliche Identifikations-Code entspricht dabei dem Namen des Zählpixels; den zugehörigen privaten Code kennt nur der Publizist.
Nun geht die Arbeit erst richtig los. Für jeden mit „erreicht“ oder zumindest „anteilig“ in der Jahresspalte 2015 gekennzeichneten Eintrag muss der private Code angeklickt und dann Meldung gemacht werden. Ob die Textlänge (insbesondere für den „anteiligen Mindestzugriff“) ausreichend ist, weiß man erst, wenn der Text per „Copy-and-paste“ in das Textfeld eingefügt ist, so dass T.O.M. seine Länge prüfen kann.
Autoren müssen ihre Texte aus dem Jahr 2015 bis 1. September 2016 melden. Für Verlage läuft die Abgabefrist schon einen Monat früher ab. Allerdings nehmen nur wenige Verlage an METIS teil. Weshalb auch das BGH-Urteil zur Teilung der Tantiemen zwischen Urhebern und Verlegern den Online-Bereich kaum tangiert.
Die Zukunftsperspektiven für METIS sind durchaus rosig. Noch einmal Geschäftsführer Just: „Aus dem Papierbereich verlagern sich die Nutzungen und Verfielfältigungen immer mehr in den digitalen Bereich.“ Zudem stehen weitere – gerichtliche oder außergerichtliche – Einigungen mit der Geräte-Industrie ins Haus. Neben Abgaben für Drucker und PCs wird es auch Vergütungen für Tablets und Mobiltelefone geben; die Höhe steht noch nicht fest. Das gilt auch rückwirkend: So ergab der Vergleich über Geräteabgaben für Drucker mit dem Branchenverband Bitkom Nachzahlungen für die Jahre 2001 bis 2007 in Höhe von 155,5 Millionen Euro, die noch zu verteilen sind.
All dies wird sich positiv auf künftige Ausschüttungen der VG Wort auswirken. Es sei denn, Major T.O.M. verliert den Kontakt zur Erde – sollte sich nämlich die in schiefe Rechtslage geratene VG Wort selbst erledigen.