Am 26. April ist mit wenigen Stunden Verspätung die wichtigste Ubuntu-Veröffentlichung seit zwei Jahren erschienen. Ubuntu 18.04, Kosename „Bionic Beaver“ (bionischer Biber), ist eine Version mit Langzeitunterstützung (LTS) – das heißt, Ubuntu und die dahinter stehende Firma Canonical wollen diese Edition fünf Jahre pflegen. Das macht Ubuntu auch als Server-Distribution interessant. Ubuntu-Derivate wie die empfehlenswerten Alternativen Ubuntu Budgie oder Mate (Links zu meinen Besprechungen aus dem Vorjahr) werden „nur“ drei Jahre supportet.
Sone und solche Neuerungen
Als erste LTS-Version setzt Ubuntu 18.04 auf Gnome 3 statt Unity auf – nichts Neues für alle, die von Ubuntu 17.10 upgraden. Von einer LTS-Version sind zwar keine revolutionären Neuigkeiten erwarten, aber eine mit heißer Nadel gestrickte Welcome-Anwendung, die nicht mal mehr ins Deutsche übersetzt wurde (Foto), ist definitiv keine wünschenswerte „News“, zumal dort ein bereits gesetztes Kreuzchen abgewählt werden muss, möchte man keine Telemetrie-Daten an Ubntu zurückmelden.
Unter der Haube kann Ubuntu jetzt Kernel-Updates als Live-Patches einspielen – ungemein nützlich auf Servern, die ununterbrochen laufen sollen. Der neue Server-Installer ist aber immer noch nicht richtig fertig. Nachdem Ubuntu aus Sicherheitsgründen eCryptfs herausgeworfen hat, lässt sich die Festplatte bei der Installation nur noch partitionsweise mit LUKS verschlüsseln. Das scheint der Desktop-Installer aber nur bei Standard-Partitionierungen übernehmen zu können – wer „etwas anderes“ möchte, muss selbst Hand anlegen.
Eine stillschweigende Neuerung gibt es für Laptop-Nutzer: Die rechte Maustaste funtioniert nicht mehr, statt dessen muss nach Mac-Vorbild mit zwei Fingern aufs Touchpad getippt werden – dieses „Feature“ kann im Gnome Tweak Tool wieder zurückkonfiguriert werden.
Frische und Haltbarkeit
So ist denn die größte Neuerung auf 18.04 die Aktualisierung der Software-Pakete. Das ist schön, bedeutet aber trotz LTS keine automatische Haltbarkeits-Garantie: Viele Anwendungen, darunter auch viele bekannte, werden nicht von Ubuntu-Entwicklern gepflegt, sondern „von der Community“; im schlimmsten Fall also – gar nicht. Scrollt man durch den CVE-Tracker für das Universe-Archiv, so sind erschreckend viele Rot-Töne sichtbar, wobei schon Grau und Gelb offene Sicherheitslücken offenbaren. Obwohl gerade erst erschienen, hat auch Bionic Beaver schon Schwachstellen geerbt.
Natürlich kann niemand erwarten, dass sich bei über 76.000 Software-Paketen im gesamten Ubuntu-Archiv keine faulen Eier finden. Andererseits: selbst Aushängeschilder der Open-Source-Software wie The Gimp oder LibreOffice liegen im Universe. Das muss man wissen, um LTS richtig einschätzen zu können.
Support-Status via Terminal ermitteln
Wer den Support-Zeitraum für ein bestimmtes Paket ermitteln möchte, kann im Terminal folgenden Befehl verwenden:
apt show paketname | grep Supported
Einen Überblick über das gesamte System verschafft
ubuntu-support-status
In der Praxis liefern diese Tools widersprüchliche Informationen. Für die beiden zuvor genannten Programme Gimp und Libre Office lässt sich mit apt show kein Support-Zeitraum ermitteln – es fehlt schlicht eine Angabe. Bekommen beide also gar keinen Support? Jein. Der Befehl ubuntu-support-status --show supported
listet Libre Office mit fünf Jahren Support durch Canonical, während Gimp unter ubuntu-support-status --show unsupported
als „nicht unterstützt“ gelistet wird.
Trotzdem: Die Hälfte meiner Empfehlungen stammt aus dem Universe
Alle zwei Jahre, wenn eine neue LTS-Version erscheint, publiziere ich an dieser Stelle meine Software-Empfehlungen für Ubuntu. Auch dieses Mal stammt die Hälfte der empfohlenen Programme aus dem Universe. Faule Eier sind aber nicht dabei. Dankenswerterweise gibt es genug Open-Source-Projekte, die ihre Software langfristig betreuen und auch noch Maintainer finden, die diese für Debian und/oder Ubuntu paketieren und diese Pakete auf dem neuesten Stand halten.
Zum ersten Mal veröffentliche ich meine Software-Empfehlungen auf einer separaten Website namens Ubuntalog, eben ein Katalog für Ubuntu. Diese Sammlung von rund 50 Software-Perlen (unter diesem Text aufgelistet und verlinkt) zeigt, dass Ubuntus Paketquellen für den Bionic Beaver durchaus frische Ware anbieten – nicht nur im Vergleich mit der letzten LTS-Version vor zwei Jahren. Naturgemäß wird das nicht lange so bleiben. Denn diese Pakete werden – mit Ausnahme von Firefox, Chrome oder Thunderbird und einem halbjährig mit neuen Treibern aktualisierten Hardware-Stack – nicht mehr aktualisiert, es sei denn mit Sicherheits-Patches und Bug-Fixes.
PPAs versus keine Experimente
LTS bedeutet eben auch: Stabilität, keine Update-Experimente. Im Server-Bereich ist dieses Prinzip essentiell, auf dem Desktop wünschen sich hingegen viele User häufiger etwas Neues. Deshalb führe ich bei meinen Software-Empfehlungen nach wie vor auch sogenannte Personal Package Archives, kurz PPAs, auf, sofern diese vertrauenswürdig und sinnvoll erscheinen.
Auch hierfür mag Gimp noch einmal als Beispiel herangezogen werden: Die neue, stark verbesserte Version 10 der bekannten Grafik-Software ist nicht mehr rechtzeitig für Ubuntu 18.04 erschienen, wird aber über ein trotz des kuriosen Namens („Kesselgulasch“) empfehlenswertes PPA verteilt werden, das bereits jetzt den Release Candidate bereithält. In einem solchen Fall kann man sich guten Gewissens dafür entscheiden, die Software aus einem PPA zu beziehen, auch wenn eine solche Quelle kein „offizieller“ Software-Kanal ist – zumal der offizielle im Fall von Gimp auch nur das Universe mit Nicht-Unterstützung ist, siehe oben.
Und was ist mit Snaps?
In Ubuntu 18.4 sind der Taschenrechner und ein paar weitere Anwendungen erstmals als Snaps vorinstalliert, Canonicals bereits vor zwei Jahren eingeführtem Container-Format. Doch sind diese Anwendungen auch als deb-Pakete verfügbar, die viel weniger Speicherplatz benötigen und beim ersten Start keine „Gedenkminute“ einlegen.
Es gibt ein paar Gründe, die für Snaps, aber auch für die Konkurrenz-Formate Flatpak oder AppImage sprechen: Wenn Anwendungen so neu sind, dass sie Abhängigkeiten haben, die mit vorinstallierten, älteren System-Bibliotheken in Konflikt geraten; wenn ein Entwickler sein Programm nicht extra für Debian paketieren, sondern universell für verschiedene Distributionen verteilen möchte; wenn die Anwendung in einer Sandbox laufen soll. All dies spricht nicht dafür, den Taschenrechner als Snap zu installieren.
Faustregel: Sofern eine Anwendung nicht exklusiv oder nur in einer besseren Version als Snap vorliegt, sollte sie besser über das klassische Paket-Management installiert werden, auch wenn Canonical sein Snap-Format pusht und im grafischen App-Store Ubuntu Software Snaps und deb-Pakete mischt. In meinen Software-Empfehlungen ist im übrigen (noch) kein einziger Vorschlag aus dem Snap-Store dabei, dafür aber ein AppImage.
Audio-Software
Backup-Software
Browser
Datei-Programme
Desktop
E-Books
Entwicklung
Grafik
Kommunikation
Netzwerk
Office/Textverarbeitung
Sicherheit
Systemprogramme
Video
Virtualisierung/Emulatoren
wie auch immer, ich benutze das ZORINOs basierend aud ubuntu 18.4 mit look and Fell wie Windows7
im Grunde ist doch alles vorhanden was der Mensch normaler Weise braucht. man muss nicht 20 browser haben 10 Mailprogramme und 10 Officeprogramme und 10 Explorerversionen
Unter MS Windows gibt es mindestens zu 70% Schrottsoftware.
Hallo,
Schön, dass es so eine Seite gibt ! Bin voll damit einverstanden, viele dieser Programme nutze ich auch.. Würde aber noch das hier dazunehmen:
Zur Fotoverwaltung und Präsentation: DIGIKAM
Zum Umbenennen vieler Dateien: KRENAME
Hallo Rudi – KDE-Nutzer? Ich bin nach Jahren der KDE-Abstinenz auch kurz davor, wieder einen Blick auf Plasma zu werfen. Nutzer von Standard-Ubuntu mit Gnome müssen allerdings die ganzen QT/KDE-Abhängigkeiten zusätzlich installieren. Für eine Top-Anwendung wie Digikam dürfte sich das lohnen; für Krename würde ich mir das jetzt nicht antun. Für das Batch-Umbenennen gibt es viele Linux-Tools oder gleich die Kommandozeile. Danke für die Empfehlungen!