Debian Stretch, frisch abgehangenes Futter für den Web-Server

Wer genau hinschaut, findet das Debian-Logo auch in der Architektur des Vatikan-Museums wieder. Foto: Christopher Chan/CC BY-NC-ND 2.0

„Stretch“ heißt die neunte, stabile Version von Debian GNU/Linux. Erschienen ist sie am 17. Juni 2017, ziemlich genau 26 Monate nach dem Vorgänger Debian 8 „Jessie“. Für Desktop-Nutzer, die nach brandneuer Software hungern, mag das nicht besonders aufregend klingen, weil Debian stable traditionell gut abgehangene Software installiert, also schon bei Erscheinen veraltet ist. Dafür wird die Distribution fünf Jahre lang gepflegt und mit Bugfixes versorgt. Gute Gründe für Server-Betreiber, auf Debian zu setzen. Wer einen neuen Webserver mit Debian „Stretch“ (benannt nach der Krake aus Toy Story) betreiben oder einen laufenden updaten will, muss sich denn doch mit Neuigkeiten auseinandersetzen. Denn das Debian-Projekt ist von MySQL auf MariaDB umgeschwenkt, installiert erstmals PHP 7 und hat auch andere Server-typische Programme und Dienste erneuert.

Schwuppdiwupp: Wer Debian 8 mit MySQL upgradet, bekommt Debian 9 mit MariaDB

Der Wechsel zu MariaDB ist sicherlich die „Top News“ für den Debian-Server. Wer sein Debian 8 mit MySQL 5.5 updatet, bekommt – schwuppdiwupp – MariaDB in Version 10.1 heraus. Das Upgrade sollte gut durchlaufen und MariaDB anschließend ohne Änderung am Client-Code funktionieren. Schließlich bezeichnet sich MariaDB als drop-in replacement für MySQL. Trotzdem macht der gewissenhafte Admin natürlich erst einmal einen Testdurchlauf, bevor das Produktivsystem aktualisiert wird, denn seit Version 5.5 haben beide Datenbanken nicht nur unterschiedliche Versionsnummern, sondern schlagen auch eigene Wege ein. Mehr zum Thema.

Übrigens wird MySQL von Debian trotz des Umschwenkens auf MariaDB weiterhin gepflegt, allerdings im Unstable-Zweig (Debian „Sid“). Dort lautet die Version MySQL 5.7.18 – die ist auch Standard bei Ubuntu 16.04 LTS. Wer bei MySQL bleiben will, sollte der Einfachheit halber vor dem eigentlichen Debian-Upgrade auf die unstable-Pakete von MySQL umschwenken und diese auf 5.7 aktualisieren.

PHP endlich auf Version 7 hochgestuft

Genau wie Ubuntu 16.04 schon vor 14 Monaten hat Debian 9 endlich PHP auf Version 7 hochgestuft. Das Upgrade bringt unter anderem bessere Performance, schneidet aber auch alte Zöpfe ab, weshalb Anwendungen mit Legacy-Code Probleme bereiten können. PHP 5.6-Pakete bekommt man nur noch aus dem privaten Archiv von Debian-Mitarbeiter Ondřej Surý. Die dafür in /etc/apt/sources.list einzutragende Paketquelle lautet packages.sury.org/php, der auch ein PPA für Ubuntu bereithält. Wie PHP 5.6 installiert wird, ist hier im Blog bereits für Ubuntu 16.04 beschrieben worden. Bei Debian 9 funktioniert es prinzipiell genauso.

Wer auf einem frisch aufgesetzten Debian 9 flink einen LAMP-Server (Linux, Apache, MySQL, PHP) aufsetzen will, kommt mit dieser Befehlszeile schnell ans Ziel:

$ apt install libapache2-mod-php mysql-server

Einfach die zusätzlichen Pakete, die Debian als Abhängigkeiten dazu installieren möchte, abnicken – und fertig ist der Webserver, der nun bereits funktioniert, aber für den Produktiveinsatz konfiguriert und abgesichert werden möchte.

ifconfig führt nicht mehr ans Ziel

Fast automatisch tippt der Admin ifconfig in die Konsole, wenn er die IP-Konfiguration des Servers prüfen will. In debian „Stretch“ kommt man so nicht mehr ans Ziel:

$ ifconfig
bash: ifconfig: Kommando nicht gefunden.

Der Grund: ifconfig gilt als „depreciated“ und wird standardmäßig nicht mehr installiert. Wer sich damit partout nicht anfreunden kann, installiert ifconfig mit dem Paket net-tools. Der neue Debian-Way für ifconfig ist:

$ ip a #Kurzform
$ ip address #Langform

Die Netzwerkschnittstellen benennt Debian 9 unter Heranziehung von Index-Nummern aus dem BIOS sowie von PCI-Steckplatznummern. Das gute alte „eth0“ heißt also in Zukunft beispielsweise „enp0s3“ – nur bei Upgrades bleiben die Namen aus den bisherigen udev-Regeln erhalten.

Auswahl aktualisierter Pakete in Debian 9. Quelle: Debian-Projekt

Weitere nennenswerte Neuerungen an der Server-Front: Die Mail-Software Postfix rückt auf Version 3.1 und damit auf den Stand von 2016 vor. Samba rückt von 4.1 auf 4.5 vor. Beim Webserver Apache gibt’s außer Sicherheits-Updates nichts Neues (2.4.10 auf 2.4.25), beim Nginx schon eher (1.6 auf 1.10). Beim Kernel springt Debian von 3.16 auf 4.9 – wer einen Miet-Server upgradet, sollte vorher seinen Hoster fragen, ob Probleme wegen Treibern oder proprietärer Firmware bekannt sind.

RTFM – Veröffentlichungshinweise lesen!

Weitere Änderungen finden sich in den Veröffentlichungs-Hinweisen. Sie sind Pflichtlektüre vor einer Installation oder einem Upgrade. Der Weg zum Versions-Upgrade:

# Paketquellen von Jessie auf Stretch umstellen in /etc/apt/sources.list
$ apt update
$ apt upgrade
$ apt dist-upgrade
$ reboot

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